Kindesentführung

Wer das Sorgerecht für ein Kind innehat, verfügt auch über das Aufenthaltsbestimmungsrecht und darf folglich über den Aufenthaltsort des Kindes entscheiden. In der Regel haben beide Elternteile das Sorgerecht und damit auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht inne und können daher nur gemeinsam über den Aufenthaltsort des Kindes entscheiden. In einigen Fällen wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht allerdings nur einem Elternteil durch das Familiengericht zugesprochen. Verhindert ein Elternteil den Umgang des anderen mit dem gemeinsamen Kind, dann ist zunächst von Kindesentziehung die Rede. Verbringt hierfür ein Elternteil das Kind ohne Zustimmung des sorgeberechtigten anderen Elternteils ins Ausland oder bringt es nach einem Auslandsaufenthalt nicht wie vereinbart zurück, liegt eine Kindesentführung vor. Beide Formen der Kindesentziehung sind strafbar.

Häufig kommt es zur Androhung einer Kindesentführung, wenn beide Elternteile verschiedener Staatsbürgerschaft sind und ein Elternteil das Kind dem Zugriff des anderen Sorgeberechtigten in Deutschland entziehen möchte. Das Kind wird hierbei oft als Druckmittel benutzt, um bestimmte persönliche Ziele durchzusetzen. In den meisten Fällen nutzt ein Elternteil die ihm zustehende Umgangszeit aus, um das Kind dem anderen Elternteil zu entziehen und an einen diesem unbekannten Ort zu verbringen. Gefährlich ist hieran, dass die Position des entführenden Elternteils immer mehr gestärkt wird, je länger eine Entführungssituation anhält, da das Kind dann stärker an den entführenden Elternteil und das neue Umfeld gebunden ist, was Einfluss auf künftige Regelungen des Sorgerechts haben kann. Es ist daher sehr wichtig, im Fall einer Entführung so schnell wie möglich zu handeln, um sich auch vor weiteren rechtlichen Schwierigkeiten zu schützen.

Bei einer Kindesentziehung innerhalb Deutschlands kann ein Anspruch auf Herausgabe des Kindes geltend gemacht und notfalls auch vollstreckt werden. Ist das Kind jedoch nicht rückkehrwillig, kann dies abhängig vom Alter des Kindes sowie dessen geistiger Reife einer Herausgabe entgegenstehen. In diesen Fällen hat das Familiengericht im Sinne des Kindeswohls eine Entscheidung über den weiteren Verbleib des Kindes zu treffen.
Wurde ein Kind ins Ausland verbracht, so ist bei den meisten Ländern ein Rückführungsverfahren nach einem internationalen Übereinkommen möglich, welches jedoch binnen eines Jahres nach der Entführung angestrengt werden muss.

Um es gar nicht erst zu einer Kindesentführung kommen zu lassen, können einige Vorsorgemöglichkeiten erwogen werden. Im Wege einer einstweiligen Anordnung kann das Sorgerecht oder als Teil davon auch nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht beim Familiengericht beantragt werden. Wenn der Verdacht besteht, dass ein Elternteil das Kind widerrechtlich ins Ausland verbringen will, sollten das Personaldokument und die Geburtsurkunde des Kindes an einem sicheren Ort verwahrt werden, um die Ausreise aus der Europäischen Union zu verhindern. Außerdem können Kindergärten beziehungsweise Schulen unter Nachweis des Aufenthaltsbestimmungsrechts darüber informiert werden, dass das Kind dem anderen Elternteil nicht mitgegeben werden soll.
In unserer Kanzlei verfügen wir über langjährige Erfahrung mit internationalen Kindesentführungen und stehen Ihnen gern beratend und unterstützend zur Seite, wenn sie einer solchen vorbeugen wollen oder der Ernstfall bereits eingetreten ist.